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persönlicher Kommentar / Leserbrief

Offener Brief an unsere grünen Stadträte zum Vorgang Grundstücksverkauf Gottesberg

Stand: 13.10.2022

Die Flutkatastrophe im Ahrtal, wochenlange nie dagewesene Waldbrände im Elbstandsteingebirge, zunehmende Versiegelung der Landschaft und jetzt die Bebauung letzter Grünflächen in Stadtzentrum von Schweinfurt im Rahmen einer sogenannten Nachverdichtung. Neben Corona und Ukrainekrieg sind das leider nach wie vor Themen die unserer Aufmerksamkeit bedürfen.

Umso mehr da die Thematik komplex ist und uns mit dem Bebauungsprojekt Am Gottesberg aktuell betrifft.

Und zudem sind es grüne Themen die nicht einfach von einer grünen Agenda gestrichen und opportunistischen Interessen geopfert werden dürfen.

Stadträte werden plebiszitär aufgrund einer bestimmten politischen Agenda in Ämter gewählt und sie sollten dieser Agenda auch unter dem Aspekt der kommunalen Selbstverwaltung verpflichtet bleiben. Eine Klimaverträglichkeitsprüfung sollte also gerade für grüne Stadträte bei allen Bebauungsvorhaben insbesondere bei Nachverdichtungen oberste Priorität haben.

Vor allem auch dann, wenn wie geplant Bauvorhaben wie das Am Gottesberg gravierende Änderungen im Flächennutzungsplan nach sich ziehen würden.

Es ist nicht zu schwierig sich die notwendigen Fakten anzulesen und zu verstehen wenn diese für alle zugänglich im Flächennutzungsplan (FNP) und Landschaft- und Bebauungsplan (BP) sowie dem Regionalplan des Bezirks Unterfranken Jedem im Netz zugängig sind:

 

https://www.regierung.unterfranken.bayern.de/aufgaben/177666/177670/eigene_leistung/el_00283/index.html,

https://www.schweinfurt.de/leben-freizeit/bauen-wohnen/stadtentwicklung/index.html

 

Entsprechende Graphiken sind zudem bei uns jederzeit einsehbar.

Warum also nehmen dann grüne Stadträte und die Stadt Schweinfurt insgesamt solche Informationen nicht als Entscheidungsgrundlage bei Bauvorhaben wie dem Am Gottesberg wahr?

Und vor allem was ist aus ökologischer Sicht also problematisch an der Bebauung am Gottesberg?

Die zur Bebauung anstehende Fläche am Gottesberg ist im Flächennutzungsplan als Grünfläche ausgewiesen und stellt sich von der betroffenen Größe her als zentrales Element einer Frischluftschneise dar, die entlang des Marienbachs bis zum Main reicht.

Warum sollte das berücksichtigt nun aber baurechtlich berücksichtigt werden?

Aus Klimagraphiken des LfU, die bestimmte Parameter wie nächtliches Kaltstromvolumen, bodennahe Nachttemperatur und nächtliche Kaltluftproduktion anhand von Luftaufnahmen die auf das Stadtgebiet übertragen wurden erkennen lässt, lassen sich ganz spezifische Areale festlegen, die insbesondere für die nächtliche Kaltluftproduktion entscheidend sind.

Das gilt insbesondere dann, wenn diese Daten durch Daten aus Computermodellen, die durch vom Klimawandel zu erwartenden Veränderungen graphisch überlagert werden.

Und genau unter diesem Aspekt heben sich Innenstadtbereich, Hafen sowie in Verlängerung diese Zone bis Oberndorf als nächtliche Temperaturhotspots ab die vor allem von den östlichen und nördlichen Stadtteilen mit niedrigeren bodennahen Nachttemperaturen und höheren Kaltluftproduktionen flankiert werden.

Insbesondere 4 Bereiche begrenzen hierbei als Kaltluftschneise an den Innerstädtischen Hotspots:

 

Friedhof, Gottesberg, Hangbereich Brauereihaus, Garten- und Frankenstr. und als kleinere westliche In-seln der Fichtelsgarten und der Park entlang der Stadtmauer sowie Am unteren Wall.

 

https://www.lfu.bayern.de/natur/schutzgutkarten/klima_luft/tag_nachttemperatur/index.htm

https://www.lfu.bayern.de/natur/schutzgutkarten/klima_luft/kaltluft/index.htm

 

Approximiert man die zu erwartenden Veränderungen durch den Klimawandel, so gewinnen genau diese 4 Zonen eine herausragende Bedeutung um einen überbordenden Anstieg der nächtlichen innerstädtischen bodennahen Temperaturen abmildern zu helfen.

Was könnten nun also Argumente für eine Änderung des Flächennutzungsplans und die geplante Übertragung des Baurechts auf einen Investor sein?

Soziale Wohnungsnot?

Wohl kaum wie man dem Expose zum Bebauungsvorhaben entnehmen kann in dem für Sozialwohnungen gerade einmal 20 % der Wohnungen vorgesehen sind.

Dringliche notwendige Einnahmen für die Stadt Schweinfurt aus dem Grundstücksverkauf?

Die Größe des Areals beträgt 8991 qm. Der zu erwartende Verkaufspreis wird mit 3.5 Mio. € angegeben was einem sehr moderaten qm-Preis von gerade einmal 40 € entsprechen würde.

Interessanterweise wird der als sehr moderat anzusehende Preis auch damit gegründet dass das Areal zwar in der Grundstückbewertung außerhalb des Überschwemmungsgebiets und außerhalb der Hochwassergefahrenfläche HQ häufig, aber eben teilweise auch innerhalb der Hochwassergefahrenfläche HQ 100 und HQ extrem gelegen ist. Und natürlich schreibt der Nutzungsplan Tiefgaragen vor die dann aber von Hochwasser in besonderer Weise betroffen wären.

Es gibt also sehr gewichtige Gründe, insbesondere für die der grünen Agenda verpflichteten grünen Stadtratsmitglieder das Bebauungsprojekt abzulehnen und kaum nachvollziehbare Gründe dieses zu befürwor-ten.

Ein Bauchgrummeln als Ausrede sollte da nicht ausreichen.

Was also könnten nachvollziehbare Gründe für eine Zustimmung der Bebauung des Gottesberggrundstücks sein?

Im Grunde doch nur dass hier ein ökologischer Präzedenzfall geschaffen werden soll der einer nachfolgenden, zügellosen Bebauung den Boden bereiten soll.

Es ist aber eben nicht die Aufgabe grüner Stadtratsmitglieder beim ökologischen Ausverkauf der Stadt Schweinfurt der CSU in die Steigbügel zu verhelfen.

Die grüne Agenda bleibt solange verpflichtend wie grüne Stadträte diese benutzen um in, dem Gemeinwohl verpflichtete Ämter zu gelangen.

Weder reine Ignoranz der grünen Agenda gegenüber kann toleriert werden noch die fehlende Fachkenntnis dürfen ein solches Versagen rechtfertigen.

Man kann nur hoffen dass es sich um ein intellektuelles Missverständnis und eine Fehleinschätzung der Sachlage gehandelt hat.

Ohne einen Klimafunktionsplan darf es keine Zustimmung zu solchen umstrittenen Bebauungsvorhaben künftig mehr geben!

Zudem muss der ganze Vorgang transparent und breit kommuniziert werden und darüber hinaus öffentlich zur Diskussion gestellt werden bevor grüne Stadträte einer Bebauung und Änderung des Flächennutzungsplans zustimmen dürfen.

In diesen Sinnen muss man auf deren Einsicht hoffen um weitere schwere ökologische Fehlentwicklungen für die Zukunft vermeiden zu können.

Erganzungen
20.10.2022: Der Appell nützte nichts. Das Vorhaben wird fortgesetzt. Die Bäume und die grüne Lunge sind weiterhin gefährdet.

 

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